Besinnung zum 70. Geburtstag

Gelobt sei der Herr täglich; Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.
Psalm 68, 20

Unser Leben braucht eine Struktur und Freiräume für Spontanes. Woche und Monat, Tag und Nacht, Morgen und Abend geben einen Rahmen vor. Es gibt Dinge, die wir täglich tun: Mahlzeiten einnehmen, wir waschen uns und putzen die Zähne. Wir brechen auf zur Arbeit oder zur Schule und sehen regelmäßig die Abendnachrichten oder eine beliebte Sendung im Fernsehen. Ein Sprichwort sagt: Der Mensch bringt täglich sein Haar in Ordnung, warum nicht auch sein Herz?
Gelobt sei der Herr täglich. Auch unserer Seele und unserem Miteinander tut es gut, wenn es bestimmte Strukturen gibt. Am Morgen ein Gebet, ein Segenswort oder ein Bibelspruch und beim Abschied ein freundliches Ade oder Tschüss. Am Abend am Kinderbett ein Lied oder ein Dank für den Tag oder ein Segenswort mit Handauflegen. Den Tag an Gott abgeben, eine Sorge ablegen oder einen Dank aussprechen, das ist vielleicht für Erwachsene noch wichtiger als für Kinder.
Wenn das tägliche Gotteslob eine Grundmelodie in unserem Leben wird, können wir Schönes bewusster genießen und Schweres besser ertragen.

Schweres ertragen – das gehört nicht zu den gängigen Geburtstagswünschen. In der Regel wünschen wir nur Gutes, Gesundheit und ein schönes Leben, Glück und Freude und dass alle deine Wünsche in Erfüllung gehen.
Aber sie gehen nicht alle in Erfüllung. Selbst wenn wir bekommen, was wir gewünscht haben, z. B. die Arbeitsstelle oder den Ausbildungsplatz, merken wir bald, dass wir uns gleichzeitig eine Last aufgeladen haben. Ganz zu schweigen von den unerwünschten Sachen, die plötzlich da sind, wie Krankheit, Enttäuschung oder Verlust, die wir nur schwer ertragen können. Gewiss sind die Lasten ungleich verteilt, aber dass jemand ganz ohne Belastungen davon kommt, glaube ich nicht. „Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst“, sagt ein Sprichwort.
Gott legt uns eine Last auf. Wenn wir das akzeptieren, kann es nicht das Ziel sein, alle Lasten zu vermeiden oder abzuwerfen. Was ja auch nicht geht. Ziel ist vielmehr, stark zu werden und uns gegenseitig zu unterstützen.
Eindrücklich war mir ein Foto eines afrikanischen Mädchen, das auf dem Rücken einen kleinen Jungen trug. Das Mädchen wurde gefragt: Ist dir die Last nicht zu schwer? Sie antwortete: Ich trage doch keine Last, ich trage doch meinen Bruder.
Menschen können zur Last werden. Nicht nur der launische Chef, die zänkische Nachbarin oder der unsympathische Kollege. Auch unsere Nächsten, die wir lieben, mit denen wir unser Leben teilen, belasten uns mit ihren Sorgen, ihren Krankheiten, ihren Marotten und Launen. Die Partner, die wir gewählt haben, die Kinder, die wir gewollt haben, die Eltern, die von klein auf für uns gesorgt haben, sie alle sind mal mehr, mal weniger, eine Last. Gott legt uns eine Last auf. Alle diese Menschen sind uns an die Seite gegeben, sind uns anvertraut, auch als Last. So wie wir Last für andere sind.

Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.
Zum Glück ist es nun nicht so, dass Gott abseits steht und zusieht, wie wir uns abplagen mit den materiellen und ideellen, den tatsächlichen und den eingebildeten Lasten. Er hilft uns auch. Er hilft uns durch sein tröstendes Wort. Er hilft uns, indem er uns Frieden und Geduld schenkt. Er hilft uns durch einen Engel, den er uns im rechten Moment schickt. Wir sollten einander nicht nur von den Lasten erzählen, sondern ebenso von der Hilfe Gottes. Als uns in der Krankheit Genesung widerfuhr. Als wir in der Krise neue Hoffnung schöpften. Als wir in der Trauer getröstet wurden. Als wir in einer verfahrenen Situation Vergebung und einen neuen Anfang wagten.
Einander von der Hilfe Gottes erzählen.

Gelobt sei der Herr täglich; Gott legt uns ein Last auf, aber er hilft uns auch.