Beteiligung heißt das Zauberwort

(Kinder im Gottesdienst, auch ohne spezielles Angebot für Kinder)

Gottesdienst am besten ohne Kinder?
Es gibt Gottesdienste ohne Kinder. Das ist nicht ungewöhnlich oder verwunderlich und schon gar keine Katastrophe. Eine Katastrophe für unsere Kirche ist es aber, wenn es zur Regel wird, dass Kinder im Gottesdienst fehlen. Wenn sich niemand darüber aufregt. Wenn im Kirchenvorstand darüber nicht gesprochen wird. Wenn Pfarrer bei der Vorbereitung des Gottesdienstes nicht an Kinder denken. Am Taufstein steht: Lasst die Kinder zu mir kommen. Aber sie kommen nicht, wenn sie nicht willkommen sind. Sprechen Kirchenvorstände nur über Kinder, wenn sie stören (Die Eltern können ihre Kinder nicht ruhig halten. Früher lernten Kinder, still zu sitzen. Kinder sollen sich an den Gottesdienst gewöhnen.)?

Kinder beleben den Gottesdienst.
Kinder sitzen nicht gern lange an einem Platz. Sie können einer argumentativen Predigt nicht folgen. Sie haben Schwierigkeiten, den Gottesdienstablauf zu verstehen. Trifft dieses nur auf Kinder zu? Auch für Erwachsene gilt, dass sie am besten lernen, wenn viele Sinne angesprochen werden bzw. durch eigenes Tun. Mehr als Erwachsene spüren Kinder, wie die Atmosphäre ist. Wer Gottesdienste so gestaltet, dass sich Kinder darin wohlfühlen und beteiligt sind, wird nicht nur den Eltern, sondern auch anderen Erwachsenen Brücken zum Gottesdienst bauen.

In der Kirche ist Platz.
Oft zu viel Platz: Viele Bänke für wenige Besucher. Die Gemeinde im Raum verstreut. Der Pfarrer am Altar und auf der Kanzel weit weg. Der Organist noch weiter weg. Aber auch wunderbar viel Platz: Keine Platzangst, keine Atemnot. Der Blick kann im weiten Raum schweifen. Die Orgelklänge füllen den Raum. Überall gibt es etwas zu sehen. Jedes Stück Inventar hat seinen besonderen Platz. Für Kinder kann es schön sein, auf seinem Platz zu sitzen, sich an Vater oder Mutter zu schmiegen (die sonst oft wenig Zeit haben), sich umzusehen oder im Gesangbuch zu blättern. Eine Weile kann das schön sein. Aber dann dauert das alles zu lange. Bewegung muss sein, danach ist die Rückkehr zum festen Platz wieder erwünscht.

Kinder dürfen beim Gebet mit dem Pfarrer am Altar stehen. Sie teilen etwas aus. Sie sammeln die Kollekte ein und bringen sie zum Altar. Sie halten ein Plakat mit der Nummer des nächsten Liedes hoch. Sie kommen nach vorn, um im Wechsel mit den Erwachsenen ein Lied zu singen oder einen Psalm zu beten. Bei einer Taufe dürfen sie mit beim Taufstein stehen, evtl. den Taufstein schmücken oder das Wasser eingießen. Bei jeder Fürbitte dürfen sie eine Kerze anzünden oder einen Stein am Altar ablegen, bei jedem Dank eine Blume in eine Vase stecken. Wird eine besondere Kollekte gesammelt, ist ein Opferumgang sinnvoll. Beim Abendmahl stehen sie mit im Halbkreis vor dem Altar. Auch wenn sie „nur“ gesegnet werden, ist der Weg nach vorn und das Stehen inmitten der Großen nicht nur äußere, sondern auch innere Bewegung. Auch Erwachsenen tun bewegte und bewegende Gottesdienste gut.

In der Kirche gibt es viel zu sehen.
Auch in der schlichtesten Dorfkirche gibt es etwas zu sehen: Bilder an Wänden, in Fenstern oder auf dem Altar. Verzierte Kanzeln, schöne Orgelprospekte, manchmal alte Grabsteine. Gewölbe und bemalte Decken und Emporen. Kruzifixe, Leuchter mit Kerzen, Blumen, Paramente. Alles hat seine Bedeutung. Manches ist fremd und rätselhaft. Kinder und Erwachsene können in Ruhe betrachten, anders als bei den schnell laufenden Bildern im Fernsehen. Gut, wenn es auch im Ablauf des Gottesdienstes etwas zu sehen gibt: Die Amtstracht des Pfarrers, seinen Gang zu verschiedenen Orten, seine Gesten beim Grüßen, Segnen, Taufen, Abendmahl spenden, die Bewegungen und Handlungen der Mitwirkenden, der Lektoren, Chorsänger, Abendmahlshelfer, des Küsters. Wird das Evangelium von verschiedenen Sprechern gelesen, die evtl. durch die Kleidung unterschieden sind oder von verschiedenen Orten aus sprechen, oder wird während der Lesung ein Bild als Dia oder Poster gezeigt, findet das Gehörte größere Aufmerksamkeit, auch bei Erwachsenen.

Mitmachen vertreibt Langeweile.
Spontan können Kinder beteiligt werden beim Singen ohne Gesangbuch. Sie können einen Kanon oder einen Refrain auswendig mitsingen, dazu klatschen oder passende Gesten machen. Manche Kinder antworten gern, wenn sie gefragt werden, z. B. um Vorschläge für Dank oder Fürbitte oder was sie aus einer Erzählung verstanden haben oder nach Dingen, die sie in der Kirche sehen. Wenn das Evangelium nicht schwer zu verstehen ist und eindrücklich vorgetragen wurde, können Kinder für die Zeit der Predigt die Aufgabe erhalten, an einem Tisch an der Seite die Geschichte zu malen oder zu gestalten. Nach der Predigt zeigen sie ihr Bild der Gemeinde.

Andere Formen der Mitwirkung brauchen Vorbereitung: Kinder zeigen ein Krippenspiel, ein Martinsspiel, ein Anspiel zur Predigt. Sie bringen Gaben zum Erntedankfest, verbunden mit einem Satz. Sie decken den Altartisch am Beginn des Gottesdienstes. Sie singen oder musizieren. Sie überreichen Kirchvorstehern zur Einführung Blumen. Sie üben zu einem Psalm oder einer Geschichte einen Bewegungstanz ein. Sie zeigen zur Predigt passende Bilder oder Gegenstände oder sind durch Wortbeiträge daran beteiligt.

Auf den Punkt gebracht:
1. Kinder brauchen Bewegung, in der Kirche ist Platz dafür.
2. Kinder brauchen optische Eindrücke, es gibt viel zu sehen.
3. Kinder wollen beteiligt sein: Sie können singen, beten, loben, malen, Geld einsammeln, Dinge austeilen, Szenen spielen.

Veröffentlicht in „Gottesdienst mit Kindern in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens“, TPI 2006